Das Abendmahl im Neuen Testament

Am 12. März 2018 haben wir uns im Andachtsraum der Taborkirche mit dem ersten Teil unseres zweiten Panels mit dem Thema „Abendmahl unter bibelwissenschaftlicher Perspektive“ beschäftigt. Hier nun die Zusammenfassung.

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War das letzte Abendmahl Jesu ein Passamahl?

Das war die erste Frage, die unsere Pfarrerin mir bei der Themenankündigung stellte. Die Antwort ist nicht ganz so einfach. Die drei synoptischen Evangelien (Markus, Lukas, Matthäus) stellen die Erzählung vom letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern in genau diesen Kontext. In Mk 14,12par. ist vom Tag der ungesäuerten Brote die Rede, an dem die Jünger einen Raum suchen sollen für das Mahl. Das ist der Tag, an dem abends (die jüdische Zählung des neuen Tages beginnt mit Sonnenuntergang) das Sedermahl, also das Passamahl, gefeiert wird. Am nächsten Tag, am Samstag und Sabbat, finden dann die größeren Feierlichkeiten am Tempel statt. Am Nachmittag des Vorbereitungstages (des 14. Nisan) werden die Passalämmer geschlachtet.

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Hier kommen wir nun zum Problem mit den synoptischen Erzählungen. Alle vier Evangelien gehen davon aus, dass Jesus an einem Rüsttag vor dem Sabbat gekreuzigt wurde, also an einem Freitag ( (Mt 27,62; Mk 15,42; Lk 23,54; Joh 19,14) . Wenn das letzte Abendmahl tatsächlich ein Passamahl war, dann hätte die Festnahme Jesu während der Zeit stattgefunden, an dem normalerweise alle Juden ihre Zeit in ihrer Familie beim Seder/Passamahl verbrachten. Johannes legt das letzte Mahl an den Abend vor dem Sedermahl. Jesus wäre dann an dem Tag gestorben, an dem die Passalämmer geschlachtet werden, also am 14. Nisan. Die meisten Forscher*innen halten diese Chronologie für wahrscheinlicher, auch wenn sie natürlich auch theologisch aufgeladen ist (Jesus als geschlachtetes Lamm). Ein Argument ist, dass in den Texten des Abendmahles keine speziellen Hinweise auf ein Passamahl auftauchen. Brot und Wein gehören zu jedem normalen Essen in der Antike. Auch gibt es keine deutlichen Verweise auf die dem Passa zugrunde liegende Geschichte (Israel in Ägypten, Ex 12,1-20). Letztendlich wird es vermutlich nicht mehr zu klären sein, was die historische Datierung des letzten Abendmahls war, ein Passamahl war es vermutlich eher nicht.

Antike Abendessen

Nachdem das antike Palästina schon länger griechischen und römischen kulturellen Einflüssen ausgesetzt war, hatte sich auch die Tradition der geselligen Abendessen, Symposien genannt, dorthin verbreitet. Das wurde im Liegen verbracht, auf Liegen (clinae) mit Kissen zum Abstützen. Häufig waren diese Liegen so groß, dass drei Personen drauf passten. Klassischerweise wurden davon drei aufgestellt, sodass idealerweise neun Personen an einem Mahl teilnahmen (das nannte man dann Triclinium). Da nicht jeder in der Antike eine Villa hatte mit eigenem Speiseraum, gab es sogar in kleineren Ortschaften Räume zum Mieten. Das konnten Räume von Vereinigungen sein oder auch Räume in Synagogen.

Unbedingt dazu gehörte, den Wein der Gottheit zu widmen (das nannte man Libation). Ob auch Juden diese Form des Trankopfers durchführten ist nicht sicher, aber sehr wahrscheinlich. Wein hatte in der Antike wesentlich mehr Alkohol und schmeckte nicht so gut wie heute, sodass er mit allerlei Zusätzen und natürlich Wasser gemischt wurde (darauf basiert die Geschichte von der Wandlung von Wasser zu Wein bei Joh 2,1-12). Die Hauptspeise bei antiken Essen war Brot, das wurde in Öl oder andere Saucen gedipt. Z.B. die berühmt berüchtigte Sauce namens Garum aus vergammeltem Fisch. Dazu gab es je nach Reichtum des Gastgebers Fleisch und verschiedene Gemüse. Nach Abschluss von Vor- und Hauptspeise wurde eine weitere Libation durchgeführt. Danach wurde das Ganze lockerer, bei reichlich Wein wurde die Nachspeise gereicht.

Bei den Römern durften auch die Ehefrauen dabei sein, bei den Griechen eher nicht. Da waren die anwesenden Frauen Konkubinen, die die Männer mit Musik, Gesang und intelligenten Gesprächen unterhielten.

Die Abendmahlsworte

Sie sind an vier Stellen überliefert (nicht im Johannesevangelium). Es folgt ein synoptischer Vergleich. So heißt die Methode, wenn man ähnliche (literarisch von einander abhängige) Texte nebeneinander legt und schaut, was sich ähnelt, was sich unterscheidet. Normalerweise macht man das am griechischen Text, ich habe es der Verständlichkeit halber am Luthertext durchgeführt.

Synoptischer Vergleich

Alles, was rot ist, ist in den vier Überlieferungen gleich. Hier vermutet man die mündliche Tradition, die diese Worte überliefert hat. Anhand von blau und orange erkennt man zwei unterschiedliche Überlieferungstraditionen. Man vermutet, dass Lukas die paulinische Tradition (1Kor) kannte und übernahm und sich bewusst gegen die markinische Überlieferung entschied. Der 1. Korintherbrief ist der älteste der vier Texte (ca. 55 n.Chr.), danach kommt nach der Datierung, die die meisten Forscher vertreten, das Markusevangelium. Es ist vermutlich um 70 n.Chr. entstanden. Lukas wird auf ca. 80 datiert, ebenso Matthäus. Paulus macht deutlich, dass auch er die Überlieferung übernommen hat, sie geht also wahrscheinlich mindestens auf die ersten Christen zurück.

Lukas nimmt als einziger die Mahltradition der Antike auf, indem er zweimal vom Kelch spricht. Das Blut des Kelches verweist auf die Exodustradition, insbesondere die Geschichte, in der Mose nach dem Bundesschluss zur Heiligung das Blut eines Opferstieres verspritzt (Ex 24,8):

8 Da nahm Mose das Blut und besprengte das Volk damit und sprach: Seht, das ist das Blut des Bundes, den der HERR mit euch geschlossen hat auf Grund aller dieser Worte.

Mit der Gabe von Jesu Blut am Kreuz werden die Christen in den alten Bund zwischen Gott und den Israeliten hineingenommen (Mk, Mt), bzw. wird ein neuer Bund geschlossen (Paulus, Lk).

Der Vers mit dem Weinstock ist der Gattung nach ein prophetisches Wort und verweist auf den baldigen Tod Jesu, aber auch mit seiner Hoffnung auf das baldige Kommen des Reiches Gottes.purple-grapes-vineyard-napa-valley-napa-vineyard-39511.jpeg

Matthäus spricht als einziger von der Vergebung der Sünden. Das geschah in Israel normalerweise mit dem Beladen des Sündenbockes an Jom Kippur, der dann in die Wüste geschickt wurde, später dann auch mit rituellen Waschungen (dazu gehörte auch die Johannestaufe). Matthäus bezieht seine Deutung jedoch scheinbar auf das vierte Gottesknechtslied (Jes 52,13-53,12). Dort heißt es:

6 Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn. 12 Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten.

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